Seide

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Überblick

Die Seidenkultur, die ihren Ursprung vor Jahrhunderten in China nahm, ist heute weltweit verbreitet. Seide wird aus den Kokons der Seidenraupe gewonnen. Dabei unterscheidet man zwischen einer weißen Rohseide und einer bräunlichen Wildseide.

Die edlere weiße Rohseide (auch Haspelseide, Maulbeerseide oder Zuchtseide genannt) stammt vom Maulbeerspinner (Bombix Mori), der sich von Maulbeerblättern ernährt. Bei der Verarbeitung dieser Seidenart werden die Kokons verwendet. Von dem Kokonmittelteil kann man einen rund 1000 Meter langen Faden abwickeln. Man bezeichnet diese Art von Seide auch als Rohseide, welche einen Durchmesser von bis zu 3 Mikron (tausendstel Millimeter) aufweist und eine weiße Farbe besitzt. Die äußere und die stark verklebte Innenschicht des Kokons werden zur Schappe- oder Bourettseide verarbeitet.

Die bräunliche Wildseide (Tussahseide) stammt vom wildlebenden Tussahspinner (Eichenspinner), einer Raupe die sich ausschließlich von Eichenlaub ernährt. Da hier der Schmetterling meist ausgeschlüpft ist, sind die Fasern kürzer als bei der Maulbeerseide und nicht abhaspelbar. Diese Seidenart weist einen Durchmesser von 15 Mikron (tausendste Millimeter) auf und wird vorwiegend in der Deckenherstellung verwendet.

Die Seidenstoffe begeistern durch ihren edlen Glanz und ihre Feinheit. Seide ist bei allen Temperaturen angenehm zu tragen, da sie bei Kälte wärmt und bei Hitze kühlt. Alle Seidenstoffe können ungefähr die Hälfte ihres Gewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne sich feucht anzufühlen. Des Weiteren gibt Seide die Hautfeuchtigkeit schnell nach außen ab. Ein großer Vorteil der Seide besteht in der hohen Reißfestigkeit. Der Seidenstoff ist je nach Qualität sowie Webart sehr leicht und geschmeidig oder schwer und steif und dementsprechend mehr oder weniger knitteranfällig.

Elektronenmikroskopische Aufnahmen

Materialbeschrieb Maulbeerseide

Maulbeerseide, auch Haspelseide genannt, ist ein vom Kokon des Maulbeerseidenspinners abgehaspelter textiler Faden. Die Seidenraupenzucht ist eng gebunden an das Vorhandensein von Maulbeerbäumen, von denen sich die Seidenraupen ausschließlich ernähren. Die Maulbeerseide gilt als die hochwertigste Seidenart und ist das Ergebnis Jahrtausende langer Züchtung.

Der Maulbeerspinner spinnt einen besonders feinen und gleichmäßigen Faden. Durch das Sericin ist er hart, matt und weist je nach Sorte eine gelbliche bis grünliche Farbe auf, wird durch Entbasten jedoch fast reinweiß und lässt sich deshalb auch gut einfärben. Maulbeerseide hat eine geringe Dichte und ist daher sehr leicht. Besonders herausragend ist ihre schimmernde und glänzende Oberflächenerscheinung.

Der erste abgehaspelte und unverdrehte Seidenfaden, der sogenannte Grège, kann durch eine Drehung und durch Verzwirnen zu Garnen und Zwirnen verarbeitet werden. Beim Entbasten wird die Sericinschicht mit Seifenlauge ganz oder teilweise entfernt, wodurch die Maulbeerseide ihre charakteristische weiße Farbe und ihren Glanz gewinnt und auch leicht eingefärbt werden kann. Die nicht abgehaspelten Teile des Kokons sowie im Ganzen verarbeitete Kokons werden zu Schappeseide verarbeitet. Maulbeerseide wird zu Garnen und Zwirnen für die Herstellung von Geweben verarbeitet.

Hintergrund Maulbeerseide

Geschichte
Seide kommt ursprünglich vermutlich aus China, Seidenstoffe wurden erstmals in der chinesischen Literatur um 2255 v. Chr. erwähnt. Von China aus gelangten sie nach Indien, Zentralasien, Persien, Korea und Japan. Bis ins 13. Jahrhundert hinein war Seide ein reines Importprodukt aus dem Orient und nur sehr wohlhabende Menschen konnten sich diesen Luxusstoff leisten. In Europa wurde Italien während der Normannenzeit zu einer Hochburg der Seidenraupenzucht sowie der Seidenspinnerei. Es blieb lange Zeit der führende Seidenhersteller in Europa, bis Mitte des 17. Jahrhunderts Frankreich seine Seidenwebereien stark erweiterte und Italien den Rang ablief.

Ökonomie
Seide war eine wichtige Handelsware, die über die Seidenstrasse nach Europa transportiert wurde. Neben China, wo auch nach wie vor noch der Hauptanteil produziert wird, sind Japan und Indien sowie Thailand und Brasilien heutzutage wichtige Erzeugerländer. Seide hat einen Anteil von unter 1% an der weltweiten Faserproduktion.

Mythologie
Eine Legende besagt, dass die chinesische Kaiserin Xi Ling Shi um 2697 v. Chr. die Idee hatte, von den Seidenkokons einen Seidenfaden abzuhaspeln und zu verweben: Das gilt als Geburtsstunde der Seidengewinnung.

Herstellung Maulbeerseide

Entstehung
Die Entwicklungsstufen des Seidenspinners sind Ei, Raupe, Puppe und Schmetterling. Wenn die Raupen schlüpfen, sind sie 23 mm lang. Sie müssen während ihres 3035 Tage dauernden Wachstums laufend mit frischen Maulbeerblättern gefüttert werden. Bis zur Verpuppung häuten sie sich viermal und sind bei ihrer Spinnreife 8090 mm lang. Die ausgewachsenen Raupen stellen das Fressen ein und fertigen in 24 Tagen ihren Seidenkokon, der aus einem 1000 - 4000 m langen Seidenfaden besteht. Der Spinnapparat nimmt ungefähr 3/4 der Körperlänge ein. Das Fibroin wird im hinteren Teil gebildet und im mittleren Teil gelagert. Hier wird auch das Sericin gebildet. Es legt sich um das Fibroin und gemeinsam bewegen sie sich in den vorderen Teil. Dort verbinden sich die beiden Drüsen. Der Seidenfaden weist deshalb in einem Sericinmantel zwei Fibroin Fäden auf.

Gewinnung
Für die Seidengewinnung werden die Kokons 10 Tagen nach dem Einspinnen noch vor dem Schlüpfen des Maulbeerspinners eingesammelt und abgetötet. Nur so kann der Faden in einem Stück abgehaspelt werden, denn der Schmetterling frisst beim Schlüpfen ein Loch in den Kokon und beschädigt den Fadenverlauf, wodurch Abhaspeln nicht mehr möglich ist (Wildseide).

Fertigung
Zuerst wird die äußere Kokonschicht entfernt und die Sericinschicht in heißem Wasser erweicht, damit die Seidenfäden nicht mehr aneinanderkleben. Anschließend werden jeweils 510 Kokonfäden miteinander abgehaspelt, um die natürliche Unregelmäßigkeit und Farbaffinität der einzelnen Seidenfäden auszugleichen. Diesen ersten, unverdrehten Faden nennt man Grège. In einem folgenden Arbeitsschritt kann der Seidenfaden entbastet werden, d. h. die Sericinschicht wird mit Seifenlauge ganz oder teilweise entfernt.

Eigenschaften Maulbeerseide

Zusammensetzung / Analyse
Protein

Besonderheiten
Der Rohseidenfaden besteht aus einem Sericin- oder Seidenleimmantel, in den zwei runde bis dreieckige Fibroinfäden eingebettet sind. Die durchschnittliche Feinheit dieser beiden endlosen Fibroinfäden beträgt 1014 m.

Erscheinung
Farbe: Beigetöne, Gelbtöne, Grüntöne
Entbastete Seide ist reinweiss.
Haptik: glatt, warm, weich

Bearbeitung Maulbeerseide

Lieferformen
Rohe Garne und Zwirne, entbastete Garne und Zwirne

Veredelung
Entbastete Seide kann in allen Farben gleichmäßig und farbintensiv eingefärbt werden.

Schutz und Pflege
Seide sollte weder mit Parfum oder Deo besprüht noch mit Bleichmitteln gewaschen werden. Flecken entfernt man besser nicht einzeln, sondern wäscht das ganze Stück von Hand mit milder Seife oder einem speziellen Seidenshampoo in lauwarmem Wasser. Seifenrückstände lassen sich anschließend mit Weinessig ausspülen. Dunkle oder bedruckte Seide sollte auf keinen Fall eingeweicht, sondern nur kurz in kaltem Handbad gewaschen und Seide generell niemals ausgewrungen werden. Gebügelt wird von der Rückseite ohne Aufsprengen von Wasser und bei geringer Temperatur. Vom Bleichen und Trocknen im Tumbler wird dringend abgeraten, da die Seide dadurch all ihre Eigenschaften verliert.

Lagerung und Aufbewahrung
Seide ist sehr lichtempfindlich. Sonnenlicht sollte man daher unbedingt vermeiden und die Lichtdauer und -intensität einschränken. Wertvolle Stücke aus Seide sind prinzipiell dunkel zu lagern.

Anwendungsgebiete
Mode, Heim- und Innendekoration. Beispielsweise Garne für Gewebe und Maschenware, Nähfäden, Damen- und Herrenoberbekleidung.

Materialbeschrieb Tussahseide

Als Tussahseide wird die wichtigste der sogenannten wilden Seiden bezeichnet, die von wildlebenden Seidenspinnern (Nachtschmetterlingen), z. B. vom japanischen Eichenspinner, gewonnen wird. Die Raupen der wildlebenden chinesischen und japanischen Tussahspinner, die sich von Eichenlaub ernähren, werden Eichenspinner genannt. Die Seide wird aus dem Kokon gewonnen. Der Seidenfaden ist meist von Gerbsäure angefärbt und hat eine Länge von 1200 - 1400 Metern.

Die Wildseidenfäden unterscheiden sich im Querschnitt sowie in der Feinheit und Regelmäßigkeit von den Maulbeerseidenfäden. Das Sericin, welche die Fibroinfäden umschließt, lässt sich schlecht entfernen. Dadurch sind Wildseiden auch steifer im Griff, weniger glänzend und unregelmäßiger. Wildseide ist unempfindlicher gegenüber Säuren und Laugen als Zuchtseide, die Festigkeit ist jedoch geringer. Die Feuchtigkeitsaufnahme ist ebenfalls sehr hoch. Empfindlich ist Wildseide gegenüber Wasserflecken und Reibung.

Beim Schlüpfen hinterlassen die Insekten ein Loch im Kokon, was den Faden in mehrere Teile zerreißt. Zum Verweben werden die Fäden verdickt, wodurch die charakteristischen unregelmäßig-noppigen Textiloberflächen entstehen. Wegen der starken Verbastung wird die Tussahseide gerissen und als Spinnfaser zu ungleichmäßigen, knotigen Garnen weiterverarbeitet. Tussahseide wird gerissen und als Spinnfaser zu ungleichmäßigen, knotigen Garnen verdreht. Wildseide wird rein oder in Mischungen mit echter Seide, Kaschmir, Mohair, Baumwolle, Wolle oder Chemiefasern versponnen.

Herstellung Tussahseide

Gewinnung
Tussahseide wird aus den Kokons bereits geschlüpfter Schmetterlinge gewonnen, die nicht unter menschlicher Aufsicht gezüchtet wurden. Das Schlüpfen der Insekten hinterlässt ein Loch im Kokon, was den Faden in mehrere Teile zerreißt.

Fertigung
Zuerst wird die äußere Kokonschicht entfernt und die Sericinschicht in heißem Wasser erweicht, damit die Seidenfäden nicht mehr aneinanderkleben. Anschließend werden jeweils 5 - 10 Kokonfäden miteinander abgehaspelt, um die natürliche Unregelmäßigkeit und Farbaffinität der einzelnen Seidenfäden auszugleichen.

Eigenschaften Tussahseide

Zusammensetzung / Analyse
Seidenfilamente (schwefelfreies, hochpolymeres Eiweiß) 70 - 80%
Seidenbast 20 - 30%
Wachsbestandteile 0,4 - 0,8%
Kohlenhydrate 1,2 - 1,6%
Naturfarbstoffe 0,2%
weitere organische Bestandteile 0,7%

Erscheinung
Farbe: Beigetöne. Der Faden ist von goldgelber bis ocker oder beiger Farbe, die gebrochen wirkt.
Haptik: warm, weich. Bastiger, griffiger Faden mit unregelmäßiger Struktur.

Bearbeitung Tussahseide

Besonderheiten
Tussahseide wird meist ungebleicht und ungefärbt zu rohseidenen Stoffen verarbeitet.

Schutz und Pflege
Seide sollte weder mit Parfum oder Deo besprüht noch mit Bleichmitteln gewaschen werden. Flecken entfernt man besser nicht einzeln, sondern wäscht das ganze Stück von Hand mit milder Seife oder einem speziellen Seidenshampoo in lauwarmem Wasser. Seifenrückstände lassen sich anschließend mit Weinessig ausspülen. Dunkle oder bedruckte Seide sollte auf keinen Fall eingeweicht, sondern nur kurz in kaltem Handbad gewaschen und Seide generell niemals ausgewrungen werden. Gebügelt wird von der Rückseite ohne Aufsprengen von Wasser und bei geringer Temperatur. Vom Bleichen und Trocknen im Tumbler wird dringend abgeraten, da die Seide dadurch all ihre Eigenschaften verliert.

Lagerung und Aufbewahrung
Seide ist sehr lichtempfindlich. Sonnenlicht sollte man daher unbedingt vermeiden und die Lichtdauer und -intensität einschränken. Wertvolle Stücke aus Seide sind prinzipiell dunkel zu lagern.

Anwendungsgebiete
Mode, Heim- und Dekobereich. Beispielsweise Garne und Gewebe für Kleidung und Heimtextilien.

Quellennachweis

S1-8 Materialarchiv, www.materialarchiv.ch/detail/531 (Online-Schaltung: 13.11.2013)
S1-8 Materialarchiv, www.materialarchiv.ch/detail/90 (Online-Schaltung: 13.11.2013)

Quellen Standardwerke
Schenek, A. (2000). Naturfaserlexikon. Frankfurt am Main, Deutschland: Deutscher Fachverlag GmbH.
Zahn, H., Wulfhorst, B., Steffens, M. (1994). Faserstoff-Tabelle: Seide (Maulbeerseide)Tussahseide. Aachen, Deutschland: Sonderdruck

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